Die elektronische Patientenakte in Deutschland – eine Zukunftschance?
Erkennen Sie sich wieder? Ein Umzug in eine neue Stadt ist häufig mit viel Stress und Aufwand verbunden. Alles ist neu für Sie, auch die Ärzte. Haben Sie einmal einen Mediziner Ihres Vertrauens gefunden, müssen Sie mit ihm im Detail Ihre Krankheitsgeschichte durchgehen, was viel Zeit kostet. Denn mal ehrlich: Ihre alte Patientenakte haben Sie sicherlich nicht dabei.
Mit der elektronischen Patientenakte (ePA) will die Bundesregierung Abhilfe schaffen und gleichzeitig das deutsche Gesundheitssystem in rasanten Schritten in Richtung Digitalisierung voranbringen. Der Gedanke dahinter ist einfach: Ab dem 01.01.2021 müssen die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten zwingend eine elektronische Patientenakte anbieten. Dies hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz beschlossen.
Eine Entscheidung dafür oder dagegen darf jeder der rund 73 Millionen gesetzlich Versicherten in Deutschland für sich alleine treffen. Die nachfolgenden Daten können – insofern vom Patienten gewünscht - konkret gespeichert werden:
- Befunde (Röntgenbilder, Rezepte)
- Arztberichte über Behandlungen
- Therapiemaßnahmen
- Diagnosen
- Impfungen und Allergien
- Vorbehandlungen
- Notfalldatensätze
Es können daneben aber auch Daten wie das eigene Tagebuch über Blutzuckermessungen verbucht werden.
Elektronische Patientenakte: Vorteile und Nachteile
Hat sich der Versicherte für eine elektronische Patientenakte entschieden, kann er in einer eigenen App jederzeit einsehen, welche seiner Daten gespeichert werden. Er trägt außerdem die Entscheidungsgewalt darüber, welche Daten davon gelöscht werden sollen.
Grundsätzlich entscheidet der Patient darüber, wer Zugriff auf seine Akte hat. Er kann den behandelnden Ärzten (dazu zählen auch Zahnärzte und Ärzte in Krankenhäusern) außerdem eine zeitweise Zugriffsberechtigung erteilen: der Mediziner kann dann auch in Abwesenheit des Patienten einen Arztbericht oder diverse Dokumente in die ePA einstellen.
Bitte beachten Sie: Da der Verbraucher entscheiden kann, welche Daten in der elektronischen Patientenakte landen, kann sich der behandelnde Arzt nie ganz sicher sein, den vollständigen Krankheitsverlauf seines Patienten zu kennen.
Der ungewisse Weg bis zur Einführung
Alle deutschen Krankenkassen sollen bis zum 01.01.2021 die ePA eingeführt haben. Doch bevor wichtige Kernfragen, wie die Finanzierung und der allgemeinen Organisation, nicht abschließend beantwortet sind, ist die Einführung der elektronischen Patientenakte in Gefahr. Möglicherweise verschiebt sich das Vorhaben weiter in die Zukunft – auch wenn die Idee der elektronischen Patientenakte grundsätzlich viele Vorteile für den Patienten mit sich bringen würde.
Aus der ökonomischen Perspektive könnte mit der Einführung der elektronischen Gesundheitsakte ein essentieller Schritt in Richtung Digitalisierung im Gesundheitswesen in Deutschland gemacht werden – es bleibt also spannend.
Akte ist nicht gleich Akte: Differenzierung zur elektronischen Gesundheitsakte
Neben der elektronischen Patientenakte (ePA) wird häufig auch von der elektronischen Gesundheitsakte (eGA) gesprochen. Beide haben im Wesentlichen die gleichen Funktionen. Allerdings ist die Gesundheitsakte nur eine Zusatzleistung der Kassen, während die Patientenakte gesetzlich verpflichtend eingeführt werden muss. Sie ist zudem einheitlich geregelt und es gibt sie für jeden Patienten nur einmal.
Bei den Gesundheitsakten gibt es derzeit ein Nebeneinander von verschiedenen Umsetzungen. Zu den bekanntesten zählt die Gesundheitsakte der Techniker Krankenkasse, TK-Safe, oder die mobile App „Vivy“. Je nach Krankenkasse und Zusatzversicherung kann ein Versicherter daher mehrere digitale Gesundheitsakten haben.
Private Krankenversicherung
Zu den Voraussetzungen, Testsiegern und Kosten.
Gesetzliche Krankenkassen
Zu den Beiträgen, Testsiegern und Wechsel der GKV.
Krankenzusatzversicherung
Mit Krankenhaus-, Heilpraktiker- und Zahnzusatz.